Das Coming-out der Cannabis-Apotheken: Rechtliche Fallstricke für Import und Abgabe von Medizinalcannabis
Der deutsche Markt für Medizinalcannabis befindet sich im stetigen Wandel, geprägt von neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen und einer zunehmenden Akzeptanz medizinischer Anwendungen von Cannabis. Insbesondere für Apotheken, Versandapotheken, die Pharmaindustrie, den Pharmagroßhandel und relevante Start-ups ergeben sich daraus sowohl immense Chancen als auch nicht zu unterschätzende rechtliche Herausforderungen. Dieser Blogbeitrag beleuchtet die aktuellen Anforderungen und die geplanten Neuerungen, die maßgeblich die Zukunft der Cannabis-Apotheke in Deutschland beeinflussen werden.
Medizinalcannabis: Vom Betäubungsmittel zum verschreibungspflichtigen Arzneimittel
Die rechtliche Einstufung von Cannabis zu medizinischen Zwecken hat sich in Deutschland grundlegend gewandelt. Mit dem am 10.03.2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln erweitert. Ärztinnen und Ärzte konnten seitdem auch Cannabisblüten und Cannabisextrakte zu medizinischen Zwecken in pharmazeutischer Qualität auf einem Betäubungsmittelrezept verschreiben, zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unter den Voraussetzungen des § 31 Absatz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Ein entscheidender Wendepunkt war das Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (kurz CanG) am 1. April 2024. Mit dem CanG wurde der medizinische Gebrauch von Cannabis im Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) neu geregelt. Infolgedessen entfiel die Einstufung von Cannabis zu medizinischen Zwecken als Betäubungsmittel. Stattdessen ist es nun ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das auf einem Arzneimittelrezept verschrieben werden kann. Diese Änderung hat weitreichende Konsequenzen für alle Akteure im Markt, da die strengen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes für Medizinalcannabis entfallen sind, wenngleich weiterhin besondere Sorgfaltspflichten bestehen bleiben.
Aktuelle Herausforderungen: Importwachstum und telemedizinische Verschreibung – Eine kritische Betrachtung
Seit Inkrafttreten des CanG ist zu beobachten, dass die Importe von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken über das zu erwartende Maß hinaus ansteigen. Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zeigen, dass sich der Import von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken vom ersten Halbjahr 2024 zum zweiten Halbjahr 2024 um 170 Prozent gesteigert hat. Demgegenüber sind die Verordnungen von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken zu Lasten der GKV im gleichen Zeitraum allerdings nur um 9 Prozent gestiegen.
Diese Inkongruenz legt nahe, dass die steigenden Importzahlen insbesondere der Belieferung einer zunehmenden Anzahl an **Privatrezepten von Selbstzahlern** außerhalb der GKV-Versorgung dienen. Gleichzeitig werden vermehrt telemedizinische Plattformen auf dem Markt aktiv, über die Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken ohne jeglichen oder ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt bezogen werden können. Kritiker bemängeln hier die fehlende persönliche Beratung und Begleitung. Erfolgt die Verschreibung nach Ausfüllen eines Online-Fragebogens auf einer Telemedizinplattform und die Versendung der Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken über kooperierende Versandapotheken, so haben die Patientinnen und Patienten weder persönlichen Kontakt zu einem Arzt oder einer Ärztin noch zum pharmazeutischen Personal der Apotheke.
Hierbei muss berücksichtigt werden, dass es sich bei Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken um ein Arzneimittel mit Suchtrisiko und weiteren gesundheitlichen Risiken, insbesondere Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung bei jungen Menschen handelt. Zudem ist dieses Arzneimittel ohne arzneimittelrechtliche Zulassung verkehrsfähig und somit ausschließlich in der non-label-Anwendung ohne eine im Rahmen einer Zulassung überprüfte wissenschaftliche Evidenz aus klinischen Studien an Patientinnen und Patienten verschrieben wird. Diese Sonderstellung von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken in Verbindung mit der beschriebenen Versorgungspraxis machen besondere Maßnahmen zur Gewährleistung einer sicheren Arzneimittelversorgung und damit zugleich der Patientensicherheit erforderlich.
Aus Sicht der Cannabis-Wirtschaft stellt die pauschale Verurteilung dieser Entwicklung eine Einschränkung innovativer Versorgungsmodelle dar, die insbesondere für Patienten in ländlichen Regionen oder mit Mobilitätseinschränkungen einen erleichterten Zugang zur Medikation bedeuten können. Es wird argumentiert, dass nicht die Telemedizin an sich das Problem sei, sondern vielmehr die fehlende Reglementierung, die zu fragwürdigen Praktiken führt. Ein generelles Verbot könnte somit den Fortschritt hemmen.
Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit – Geplante Neuerungen und ihre Auswirkungen
Als Reaktion auf die oben beschriebene Fehlentwicklung hat das Bundesministerium für Gesundheit am 14. Juli 2025 einen Referentenentwurf zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes vorgelegt. Ziel dieses Gesetzes ist daher die Korrektur der oben beschriebenen Fehlentwicklung bei gleichzeitiger Sicherstellung der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen. Der Entwurf sieht vor, dass das MedCanG fortentwickelt wird und die Regelungen zur Verschreibung und Abgabe von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken konkretisiert werden. Dies wird jedoch von der Cannabis-Wirtschaft und den Konsumenten kritisch beäugt, da es als Rückschritt in der Liberalisierung und als unnötige Bürokratisierung wahrgenommen werden könnte.
Abgabe von Medizinalcannabis: Versandverbot für Blüten – Ein Rückschlag für die Digitalisierung?
Eine wesentliche Neuerung ist das geplante **Verbot des Versandes** von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken an den Endverbraucher. Es wird geregelt, dass für die in § 2 Nummer 1 genannten Blüten ein Inverkehrbringen im Wege des Versandes nach § 43 Absatz 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes nicht zulässig ist. Dieses Verbot wird zudem strafbewehrt.
Die Begründung für dieses Versandverbot liegt in der Vielzahl der mit Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken verbundenen Besonderheiten, die umfassende Aufklärungs- und Beratungspflichten erfordern, welche im Rahmen einer persönlichen Beratung in der Apotheke erfolgen müssen. Notwendig ist die Aufklärung im Hinblick auf Suchtrisiken und Gesundheitsgefahren von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken. Ebenso sind Patientinnen und Patienten vor Ort vom pharmazeutischen Personal über die sachgerechte Anwendung, eventuelle Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen sowie auf die sachgerechte Aufbewahrung oder Entsorgung und die Gefahren bei einer missbräuchlichen Verwendung von Cannabis, etwa durch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zu beraten und aufzuklären. Wegen der Risiken und Gefahren ist das Inverkehrbringen im Wege des Versandes mit Blick auf die Patientensicherheit nicht sachgerecht. Daher ist der Ausschluss von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken vom Vertriebsweg des Versandes gerechtfertigt. Für **Apotheken** folgt aus dem Verbot zum Inverkehrbringen im Wege des Versandes an Endverbraucherinnen und Verbraucher ein nicht bezifferbarer einmaliger und geringfügiger Erfüllungsaufwand. Die **Versandapotheken** mit entsprechenden Arzneimitteln müssen diese aus dem Arzneimittelportfolio des Online-Versandhandels nehmen.
Aus Sicht der **Cannabis-Apotheken** und der **Cannabis-Wirtschaft** stellt dieses Versandverbot einen erheblichen Rückschlag dar. Es erschwert den Zugang für Patienten, die in ländlichen Gebieten leben oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mobil sind. Es wird befürchtet, dass dies zu einer Ungleichbehandlung von Patienten führt, da andere verschreibungspflichtige Medikamente weiterhin per Versand bezogen werden können. Zudem bedeutet es für Versandapotheken einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Einbruch und einen Einschnitt in die etablierten Vertriebsstrukturen. Auch die Konsumenten äußern Bedenken, da die Bequemlichkeit und Diskretion des Online-Bezugs entfallen, was für viele ein wichtiger Faktor war. Sie befürchten zudem höhere Preise aufgrund des Wegfalls von Wettbewerb durch den Online-Handel. Die Argumentation, dass eine persönliche Beratung zwingend notwendig sei, wird von einigen Seiten hinterfragt, da auch im Online-Handel Beratungsangebote existieren und die Eigenverantwortung der Patienten gestärkt werden könnte.
Anforderungen an Apotheken: Eine detaillierte Betrachtung
Für Apotheken, die Medizinalcannabis abgeben, gelten verschiedene Anforderungen, die sich aus dem Konsumcannabisgesetz (CanG), dem Arzneimittelgesetz (AMG), dem Apothekengesetz (ApoG) und der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ergeben. Obwohl Cannabis zu medizinischen Zwecken nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft ist, bleiben die Besonderheiten des Arzneimittels bestehen und erfordern eine hohe Sorgfalt.
Konsumcannabisgesetz (CanG) und Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG)
Das CanG hat die rechtliche Grundlage für Medizinalcannabis neu geschaffen, indem es nun im MedCanG geregelt wird. Dies bedeutet, dass Apotheken sich primär an den Bestimmungen des MedCanG orientieren müssen, welches spezifische Regelungen für den Umgang mit Cannabis zu medizinischen Zwecken enthält. Die aktuelle Änderung durch den Referentenentwurf konkretisiert diese Regelungen weiter, insbesondere hinsichtlich der Abgabe von Cannabisblüten. Apotheken müssen sicherstellen, dass sie nur Medizinalcannabis abgeben, das auf einem gültigen Arzneimittelrezept verschrieben wurde.
Arzneimittelgesetz (AMG)
Das AMG bildet die allgemeine rechtliche Grundlage für den Verkehr mit Arzneimitteln in Deutschland. Medizinalcannabis fällt nun als verschreibungspflichtiges Arzneimittel unter das AMG. Dies bedeutet, dass die allgemeinen Vorschriften des AMG für die Herstellung, den Import, die Lagerung, die Kennzeichnung und die Abgabe von Arzneimitteln auch für Medizinalcannabis gelten. Apotheken müssen die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der abgegebenen Produkte gewährleisten.
- Import: Der Import von Medizinalcannabis unterliegt den Bestimmungen des AMG. Insbesondere die **Pharmaindustrie** und der **Pharmagroßhandel** müssen sicherstellen, dass importierte Produkte den deutschen Qualitätsstandards entsprechen.
- Qualitätssicherung: Apotheken sind verpflichtet, die Qualität der erhaltenen Cannabisblüten und -extrakte zu prüfen und sicherzustellen, dass diese den pharmazeutischen Anforderungen entsprechen.
Apothekengesetz (ApoG) und Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)
Das ApoG und die ApBetrO regeln den Betrieb von Apotheken in Deutschland und stellen sicher, dass die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung ordnungsgemäß erfolgt. Diese Vorschriften sind entscheidend für den täglichen Betrieb der Cannabis-Apotheken.
- Beratungspflicht: Die ApBetrO sieht umfassende Beratungspflichten vor. Im Kontext von Medizinalcannabis sind diese Pflichten besonders hervorzuheben. Apotheker und pharmazeutisches Personal müssen Patienten über die korrekte Anwendung, Dosierung, mögliche Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Suchtrisiken und die sachgerechte Lagerung und Entsorgung aufklären. Dies erfordert eine fundierte Fachkenntnis über Cannabis als Medizin.
- Lagerung: Obwohl Medizinalcannabis nicht mehr dem BtMG unterliegt, ist eine sichere und kontrollierte Lagerung weiterhin unerlässlich, um Missbrauch und Qualitätsverlust zu vermeiden.
- Dokumentation: Die Abgabe von Medizinalcannabis muss sorgfältig dokumentiert werden, um die Nachverfolgbarkeit zu gewährleisten.
Fazit und Ausblick: Wohin steuert der Medizinalcannabis-Markt?
Die aktuellen und geplanten Änderungen im Bereich des Medizinalcannabis stellen Apotheken und alle weiteren Akteure vor neue Herausforderungen. Während der Gesetzgeber die **Patientensicherheit** betonen möchte, sehen Teile der Cannabis-Wirtschaft und der Konsumenten die geplanten Maßnahmen kritisch. Das Verbot des Versandes von Cannabisblüten wird als eine deutliche Einschränkung des Patientenzugangs und als Rückschritt für innovative Vertriebsmodelle wahrgenommen.
Für Apotheken bedeutet dies eine verstärkte Rolle als kompetente Ansprechpartner vor Ort, die eine umfassende und persönliche Beratung sicherstellen müssen. Die Pharmaindustrie und der Pharmagroßhandel müssen sich auf angepasste Import- und Vertriebswege einstellen. Relevanten Start-ups, die im Bereich der telemedizinischen Verschreibung von Cannabisblüten tätig sind, wird der Weg zur ausschließlichen Online-Verschreibung erschwert. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Markt unter diesen neuen Rahmenbedingungen weiterentwickeln wird, doch die Richtung ist klar: Die Regierung setzt auf den **persönlichen Kontakt**, auch wenn dies zu Lasten der Convenience und möglicherweise der Verfügbarkeit für bestimmte Patientengruppen gehen könnte. Aus Sicht der Kritiker wird die Chance auf einen modernen, digital unterstützten Zugang zu Medizinalcannabis verpasst, zugunsten einer restriktiveren Handhabung, die den Markt unnötig verkomplizieren könnte. Es ist entscheidend, dass die Stimme der Patienten und der Industrie in den weiteren politischen Diskussionen gehört wird, um eine praxisnahe und patientenorientierte Lösung zu finden.
Wir empfehlen allen Beteiligten, die weitere Entwicklung der Gesetzgebung genau zu verfolgen und frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um Compliance zu gewährleisten und Risiken zu minimieren. Die Zukunft der Cannabis-Apotheke ist spannend und wird maßgeblich von einer sorgfältigen Anpassung an die sich ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen geprägt sein.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Abmahnung und Fristen
Was ist der Hauptunterschied in der rechtlichen Einstufung von Medizinalcannabis seit dem 1. April 2024?
Seit dem 1. April 2024 wurde der medizinische Gebrauch von Cannabis im neuen Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) geregelt. Der wichtigste Unterschied ist, dass Cannabis zu medizinischen Zwecken nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft wird. Stattdessen ist es nun ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das auf einem herkömmlichen Arzneimittelrezept verschrieben werden kann. Diese Änderung erleichtert den Zugang für Patienten, hat aber auch zur Folge, dass die strengen Auflagen des Betäubungsmittelgesetzes für Medizinalcannabis entfallen sind, wenngleich weiterhin besondere Sorgfaltspflichten bestehen.
Warum steigen die Importe von Medizinalcannabisblüten so stark an, während die GKV-Verordnungen kaum zunehmen?
Der Import von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken hat sich vom ersten Halbjahr 2024 zum zweiten Halbjahr 2024 um 170 Prozent gesteigert. Im Gegensatz dazu sind die Verordnungen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im gleichen Zeitraum nur um 9 Prozent gestiegen. Diese Diskrepanz deutet darauf hin, dass die erhöhten Importzahlen vor allem der Belieferung einer wachsenden Zahl von Privatrezepten für Selbstzahler außerhalb der GKV-Versorgung dienen. Dies weist auf eine Marktentwicklung hin, bei der die private Nachfrage stark zunimmt.
Welche Rolle spielen telemedizinische Plattformen im Zusammenhang mit der steigenden Importrate von Medizinalcannabis?
Telemedizinische Plattformen tragen maßgeblich zur beschriebenen Fehlentwicklung bei. Über diese Plattformen können Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken oft ohne jeglichen oder ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt bezogen werden. Wenn die Verschreibung nach einem Online-Fragebogen erfolgt und die Lieferung über Versandapotheken abgewickelt wird, haben Patienten keinen direkten persönlichen Kontakt zum Arzt oder Apotheker. Dies birgt Risiken, da Cannabis ein Arzneimittel mit Suchtrisiko und weiteren gesundheitlichen Risiken ist, insbesondere weil es ohne arzneimittelrechtliche Zulassung verkehrsfähig ist.
Welche Hauptziele verfolgt der Referentenentwurf zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes vom Juli 2025?
Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit vom 14. Juli 2025 verfolgt zwei zentrale Ziele: Erstens soll die Fehlentwicklung bei den Importen und der telemedizinischen Verschreibung korrigiert werden. Zweitens soll gleichzeitig die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen sichergestellt werden. Um dies zu erreichen, sieht der Entwurf eine Konkretisierung der Regelungen zur Verschreibung und Abgabe von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken vor. Dies soll die Patientensicherheit und eine sichere Arzneimittelversorgung gewährleisten.
Was bedeutet das geplante Verbot der Fernverschreibung von Cannabisblüten für Ärzte?
Das geplante Verbot bedeutet, dass die Erstverschreibung von Cannabisblüten nur noch nach einem persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient in der Arztpraxis oder im Rahmen eines Hausbesuchs erfolgen darf. Eine ausschließliche Behandlung im Rahmen einer Videosprechstunde wird damit ausgeschlossen. Für Folgeverschreibungen ist ein persönlicher Kontakt innerhalb der letzten vier Quartale in derselben Arztpraxis oder im Hausbesuch erforderlich. Diese Maßnahme soll aufgrund der Suchtgefahr und weiterer Gesundheitsrisiken von Cannabisblüten eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchung und Aufklärung gewährleisten.
Warum soll der Versand von Medizinalcannabisblüten an Endverbraucher verboten werden?
Der Referentenentwurf sieht ein Verbot des Versandes von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken an den Endverbraucher vor. Dies wird damit begründet, dass aufgrund der Vielzahl der Besonderheiten von Cannabisblüten umfassende Aufklärungs- und Beratungspflichten bestehen, die nur im Rahmen einer persönlichen Beratung in der Apotheke erfolgen können. Dazu gehören Informationen zu Suchtrisiken, Gesundheitsgefahren, sachgerechter Anwendung, Neben- und Wechselwirkungen sowie Lagerung und Entsorgung. Aus Patientensicherheitsgründen ist der Versandweg als nicht sachgerecht eingestuft.
Welche besonderen Sorgfaltspflichten haben Ärzte bei der Verschreibung von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken?
Da Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken keine arzneimittelrechtliche Zulassung für ein bestimmtes Anwendungsgebiet haben und oft im Rahmen von individuellen Heilversuchen verschrieben werden, bestehen für verschreibende Ärzte erhöhte Sorgfaltspflichten. Dazu gehört eine indikationsbezogene und individuelle Aufklärung des Patienten über Wirksamkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse, ärztliche Erfahrungen und mögliche Risiken. Der Gesundheitszustand des Patienten, individuelle Erkrankungen und weitere Medikamente müssen berücksichtigt werden, was eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung erfordert. Zudem ist eine ausdrückliche Einwilligung des Patienten notwendig.
Welche Auswirkungen hat das Versandverbot auf Apotheken und insbesondere Versandapotheken?
Für Apotheken, insbesondere Versandapotheken, bedeutet das Verbot des Versandes von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken einen einmaligen, nicht bezifferbaren Erfüllungsaufwand bei der Umstellung ihrer Vertriebspraxis. Versandapotheken mit entsprechenden Arzneimitteln müssen diese aus ihrem Online-Versandhandelsportfolio entfernen. Dies stellt eine maßgebliche Anpassung dar, da der Fokus auf die persönliche Beratung und Abgabe in der Apotheke vor Ort gelegt wird, um die Patientensicherheit zu gewährleisten.
Wie beeinflusst der Referentenentwurf die Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung?
Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit den Zielen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) der Bundesregierung. Indem eine Verschreibung von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken nur nach vorherigem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt erfolgen darf und der Versandhandel an den Endverbraucher untersagt wird, trägt der Entwurf zur Erreichung des Nachhaltigkeitsziels 3 bei: „Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“. Zudem entspricht er dem Leitprinzip 3b der DNS, „Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit zu vermeiden“.
Gibt es Ausnahmen vom persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt für Folgeverschreibungen von Cannabisblüten?
Für Folgeverschreibungen von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken ist vorgesehen, dass innerhalb der letzten vier Quartale unter Einschluss des aktuellen Quartals ein persönlicher Kontakt zwischen einer Ärztin oder einem Arzt und der Patientin oder dem Patienten in derselben Arztpraxis oder im Hausbesuch stattgefunden haben muss. Dies bedeutet, dass nicht jede Folgeverschreibung einen erneuten persönlichen Kontakt erfordert, sondern ein regelmäßiger Kontakt in der vertrauten Praxis ausreicht. Diese Regelung orientiert sich an der Praxis für Videosprechstunden bei Suchtmittel-Verschreibungen im Bereich der GKV.
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